Publication Date:
2024-01-12
Description:
Bei den zahlreichen Rekonstruktionen der klimatologischen Verh\xc3\xa4ltnisse, die man f\xc3\xbcr das Ende des Palaeozoikums gemacht hat, ist man fast immer von der Kohlenbildung, der Florenverbreitung und den Vereisungserscheinungen ausgegangen. Der marinen Tierwelt hat man bei der Behandlung dieser Fragen meist nur wenig Beachtung geschenkt, zum Teil fand dies seine Erkl\xc3\xa4rung darin, dass uns die marine Fauna am Ende des Palaeozoikums bis vor kurzem noch recht unvollkommen bekannt war. Die Entdeckung reicher permischer Marinfaunen in den letzten Jahrzehnten hat aber unsere Kenntnis von der permischen, marinen Evertebratenfauna nicht nur ganz erheblich erweitert, sondern vor allem gezeigt, dass in den meisten Tiergruppen die Entwicklung ununterbrochen weitergeht und keine Einschn\xc3\xbcrung oder gar Unterbrechung erleidet, wie man fr\xc3\xbcher so oft geneigt war anzunehmen. Ja selbst eine in ihren Lebensbedingungen so anspruchsvolle Tiergruppe wie die Korallen hat durch die permische Vereisung offenbar ebensowenig wie durch die quart\xc3\xa4re eine erhebliche Unterbrechung in ihrer Entwicklung erfahren, nur ihre Verbreitung wurde auf eine etwas schmalere Zone zu beiden Seiten des Aequators eingeschr\xc3\xa4nkt. Die meisten Forscher, die sich mit klimatologischen Fragen am Ende des Palaeozoikums besch\xc3\xa4ftigt haben, und eine Erkl\xc3\xa4rung f\xc3\xbcr die scheinbar unipolare Vereisung des Perm zu geben versuchten, kommen schliesslich zu der Annahme, dass die Pole zu dieser Zeit eine andere Lage gehabt haben m\xc3\xbcssen als heute. Man suchte den S\xc3\xbcdpol gew\xc3\xb6hnlich im Centrum des Gebietes aus dem die glazialen Erscheinungen bekannt geworden waren. So nahm Koken 1) den Pol inmitten des indischen Oceans an, zu einer Zeit als die Vereisungserscheinungen aus S\xc3\xbcdamerika noch nicht bekannt waren und man auch noch nicht mit der M\xc3\xb6glichkeit von Kontinentalverschiebungen rechnete. Wegener 2), der die Kontinente der S\xc3\xbcdhalbkugel zu einer einheitlichen Kontinentalmasse zusammenschiebt, l\xc3\xa4sst den Pol von der Ostk\xc3\xbcste Afrikas im Carbon \xc3\xbcber den Nordrand des antarktischen Kontinentes nach der S\xc3\xbcdk\xc3\xbcste Australiens im Perm wandern. Weder die eine noch die andere Annahme l\xc3\xa4sst sich nun mit dem Vorkommen einer reichen permischen Warmwasserfauna auf Timor, im malayischen Archipel, vereinbaren.\nDiese Fauna, die durch niederl\xc3\xa4ndische und deutsche Expeditionen auf dieser Insel vor dem Weltkriege gesammelt wurde, ist die reichhaltigste permische Marinfauna, die wir \xc3\xbcberhaupt kennen. Sie m\xc3\xbcsste bei der Pollage, die K\xc3\xb6ppen und Wegener f\xc3\xbcr das Perm annehmen, in einer Breite von etwa 45\xc2\xb0 gelebt haben. Das Vorkommen einer ausgesprochenen Warmwasserfauna in solcher N\xc3\xa4he eines von einer m\xc3\xa4chtigen Eiskappe bedeckten Pols scheint mir ausgeschlossen. Wir wissen, dass die intensive Kalkabscheidung, wie sie f\xc3\xbcr Riffkorallen, die grossen Foraminiferen mit kompliziertem Skelett und Kalklagen so charakteristisch ist, nur bei betr\xc3\xa4chtlich hoher Wassertemperatur stattfinden kann. F\xc3\xbcr die lebenden Riffkorallen betr\xc3\xa4gt die Minimumtemperatur etwa 20\xc2\xb0, aber f\xc3\xbcr die Nummuliten des Altterti\xc3\xa4rs ist sie jedenfalls noch h\xc3\xb6her gewesen, und das Gleiche d\xc3\xbcrfen wir auch f\xc3\xbcr die Fusulinen des Carbon und Perm annehmen. Zweck der folgenden Zeilen soll nun sein, zu zeigen, dass es sich bei der Permfauna von Timor wirklich um eine Warmwasserfauna handelt und zweitens, dass diese sicher gleichzeitig mit der permischen Vereisung dort gelebt hat. Als Beweis f\xc3\xbcr die erste Behauptung will ich hier eine Tiergruppe herausgreifen, die als besonders feinf\xc3\xbchliger Indikator f\xc3\xbcr die Wassertemperatur zu gelten hat, n\xc3\xa4mlich die Korallen. Die Anthozoenfauna von Timor ist die reichste, die wir bis jetzt aus dem Perm kennen; sie besteht aus Vertretern der Familien der Zaphrentidae, Axophyllidae und der sogenannten Tabulata und ist mindestens ebenso mannigfaltig, wie die karbonische Korallenfauna 1). Wohl sind unter den eigentlichen Korallen koloniebildende Formen ziemlich selten und nur durch de Gattungen Lonsdaleia und Lonsdaleiastraea vertreten, die noch dazu nicht an denselben Fundstellen gefunden wurden wie die \xc3\xbcbrige Korallenfauna, die nur aus Tabulaten und Einzelkorallen besteht. Aber auch diese war zweifellos eine typische Warmwasserfauna, eine Art Riffauna, wenn es auch im Perm nicht zur Entwicklung m\xc3\xa4chtiger Korallenriffe sondern nur ausgebreiteter Korallenrasen kam. Auch auf den \xc3\xa4lteren palaeozoischen Korallenriffen des Devon und Silur spielen die Einzelkorallen eine viel gr\xc3\xb6ssere Rolle als auf den lebenden Riffen. Gegenw\xc3\xa4rtig sind solit\xc3\xa4re Korallen, vor allem in der tieferen See, unterhalb der Riffzone, zu Hause, und nur bestimmte Arten kommen als Riffbewohner auch auf den Riffen selbst vor. Im Palaeozoikum und in geringerem Masse auch im Mesozoikum bildeten Einzelkorallen einen wesentlichen Anteil der Riffauna. Wenn auf Timor gewisse Arten von Timorphyllum, Clisiophyllum und Dibunophyllum leicht mit tausenden von Exemplaren gesammelt werden k\xc3\xb6nnen, so m\xc3\xbcssen diese Korallen da doch in grossen Mengen gelebt haben, selbst wenn wir annehmen, dass sie an den Fundstellen noch zusammengeschwemmt sind. Vor allem spricht aber die grosse Mannigfaltigkeit der koloniebildenden Tabulaten daf\xc3\xbcr, dass wir hier mit einer typischen Riffauna zu tun haben. Diese heterogene Gruppe, die auch auf den \xc3\xa4lteren palaeozoischen Riffen eine so grosse Rolle spielt, ist am Ende des Palaeozoikums nicht im Erl\xc3\xb6schen begriffen, wie man immer noch, auch in den neuesten Auflagen von Lehr- und Handb\xc3\xbcchern, lesen kann, sondern mit einer Mannigfaltigkeit entwickelt, die der im \xc3\xa4lteren Palaeozoikum zum mindestens gleichkommt. Zum Teil schliessen sich die Formen eng an \xc3\xa4ltere Gattungen an wie die Favosites-, Pachyporaund Michelina-Arten, z. T. lassen sie noch Beziehungen zu \xc3\xa4lteren Gattungen, aber doch eine deutliche Weiterentwicklung in bestimmter Richtung erkennen, wie Pseudofavosites, Heterocoenites, Aulohelia; ein grosser Teil der Formen stellt jedoch ganz neuartige Typen dar, von denen es vorl\xc3\xa4ufig \xc3\xbcberhaupt noch nicht m\xc3\xb6glich ist, sie an Bekanntes anzuschliessen, wie z. B. Trachypsammia, Dictyopora, Schizophorites usw. Viele der Arten, besonders der Pachyporen, sind ausgezeichnet durch eine starke Verdickung des Skelettes. So werden z. B. bei vielen dieser Formen die Polypenr\xc3\xb6hren in der Tiefe ganz mit Skieroplasmamasse aufgef\xc3\xbcllt, sodass die Zweige der St\xc3\xbccke im Innern eine ganz dichte Struktur bekommen. Hierdurch wurde den verzweigten Kolonien eine gr\xc3\xb6ssere Festigkeit verliehen. Solche Skelettverdickungen sind typische Anpassungserscheinungen an das Leben in stark bewegtem Wasser in der Riffzone, wie sie \xc3\xbcbrigens nicht nur die Korallen sondern auch die permischen Crinoiden von Timor in vielen F\xc3\xa4llen erkennen lassen. Dazu kommt noch, dass wir von der eigentlichen Korallenfauna von Timor bis jetzt nur eine Auslese kennen. Das Material besteht ja an den Hauptfundpl\xc3\xa4tzen nur aus Bruchst\xc3\xbccken von verzweigten Kolonien und den langen gewundenen Einzelkorallen, die zusammengeschwemmt und dabei nach der Gr\xc3\xb6sse sortiert wurden. Das vereinzelte Vorkommen von Bruchst\xc3\xbccken grosser Favositesund Lonsdaleia-Kolonien l\xc3\xa4sst uns aber annehmen, dass auf den permischen Korallenrasen, neben Einzelpolypen und verzweigten St\xc3\xb6cken, auch massige Kolonien vorkommen. Die Art der Zusammensetzung dieser jungpalaeozoischen Riffauna d\xc3\xbcrfte daher von den \xc3\xa4lteren Riffaunen dieses Zeitalters nur wenig verschieden gewesen sein. Aber nicht allein die Korallen des Perm von Timor deuten darauf hin, dass wir hier mit einer typischen Warmwasserfauna zu tun haben. Das Gleiche ist der Fall mit der so \xc3\xbcberaus reichen Crinoidenfauna, ein grosser Teil ihrer Arten dokumentiert sich durch die charakteristischen Anpassungen an das Leben in stark bewegtem Wasser als echte Riffbewohner 1). Unter den Brachiopoden geh\xc3\xb6ren die Gattungen Lyttonia und Richthofenia zu den Indikatoren einer Warmwasserfauna, da ihre Verbreitung auf eine aequitoriale Zone beschr\xc3\xa4nkt bleibt, und sie in den brachiopodenreichen Ablagerungen Australiens bereits fehlen. Endlich m\xc3\xbcssen wir auch, wie schon erw\xc3\xa4hnt, die Fusulinen zu den Warmwasserbewohnern rechnen. Jungpalaeozoische Fusulinenkalke kommen auf Timor vor, jedoch ist ihr Verband mit den fossilreichen Permschichten noch nicht aufgekl\xc3\xa4rt. Die Fauna dieser Kalke ist von dem Bearbeiter auf Grund des Vorkommens von Fusulina granum avenae f\xc3\xbcr karbonisch gehalten worden 1), aber diese Art ist neuerdings in Japan gerade zusammen mit Arten der j\xc3\xbcngeren permischen Fusulinenfauna gefunden worden, wie Doliolina lepida und Verbeekina Verbeeki; auch auf Sumatra besitzen die Fusulinenkalke aus denen die F. granum avenae zuerst beschrieben wurde, nach neuern Untersuchungen, permisches Alter. Dazu kommt noch, dass Doliolina lepida auf der Timor benachbarten Insel Letti vorkommt, sodass es wohl nur ein Zufall ist, dass diese und andere typische Permformen auf Timor selbst noch nicht nachgewiesen wurden 2).
Repository Name:
National Museum of Natural History, Netherlands
Type:
info:eu-repo/semantics/article
Format:
application/pdf
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