ISSN:
1432-234X
Source:
Springer Online Journal Archives 1860-2000
Topics:
Biology
Notes:
Zusammenfassung I. Die Arbeit bezieht sich auf einen Ausschnitt aus dem Storchleben, der für die Kenntnis ursächlicher Zusammenhänge bei der Bestandsgestaltung der Art wichtig ist. Die Untersuchungen wurden durch das Nisten von drei sich gut ergänzenden wilden Storchpaaren 1942 auf dem Grundstück der Vogelwarte Rossitten begünstigt. Der im Vordergrund stehenden Familie gehörte das nun achtjährige ♀ BB 840 als Mutter an; dieser Vogel war schon im Mittelpunkt einer Darstellung über Bewegungsnormen (1942b). II. Tagebuchnotizen geben den zeitlichen Ablauf in kurzen Hinweisen; daran schlieβt Abschnitt VII an. III. Ernährung. Auf das Ansprechen der Beute (anläβlich der Übergabe) wurde besonderer Wert gelegt. Bei den Störchen der Haffufer machen Fische einen ausschlaggebenden Anteil aus. Sie stammen aus der Massenvernichtung durch seuchenhaften Befall mit Trematoden (Untersuchungen von L. Szidat) und durch starke Entwicklung von Fischbandwürmern (Riemenwurm, Ligula intestinalis) in Cypriniden. Diese Riemenwürmer werden sowohl mit den Wirten als auch bei offenem, Fund am Haffufer von den Störchen gern angenommen und im wesentlichen verdaut; es bleiben aber manchmal Überreste, nach L. Szidat sogar lebensfähige Eier. Der Speisezettel des eurytrophen Storchs gewährt ein gutes Bild der bestehenden Ernährungsmöglichkeiten, die zweckvoll ausgenützt werden. Verhaltensweise bei der Fütterung. Junge und Alte arbeiten in bestimmter Weise zusammen, wobei die fordernden Handlungen der Jungen (rülpsende oder gröhlende Rufreihe, die dem Klappern vorausgeht, Kreischen, . Sichducken, Flügelschlagen, „Melken”, „Schnabel-scheren”) weit mehr auffallen als das entsprechende Suchen der Alten. In den ersten Wochen wird von den Alten stets mehr Futter ausgeschüttet, als die Jungen bewältigen können; was sie übriglassen, wird vom Elternvogel zurückgenommen. Zeiten der Fütterung (Darstellung 1 S. 184). In den ersten Tagen wird pünktlicher und in kürzeren Abständen (zunächst fast stündlich einmal) gefüttert als später, wo der durchschnittliche Abstand auf etwa 2 Stunden steigt und Einzelpausen beträchtliche Länge (über 4 Stunden) erreichen können. Gewöllbildung kommt auch bei den Jungen schon vor. Ein Tränken der Jungen findet statt, aber im Beobachtungsgebiet (mit viel nasser Nahrung) sehr selten. Die Entleerungen gehen zuerst ins Nest, nach nicht ganz 2 Wochen über den Nestrand hinaus. Die „bekalkten” Ständer von Jungen und oft auch Alten im Juli und August deuten auf einen durchfallartigen Zustand. IV. Sonderverhalten des Storch-♂. Abgesehen von einem Streitfall mit dem ♀ während des Brütens erwies sich das ♂ gehässig gegen das jüngste der drei überlebenden Jungen: er griff es im Alter von etwa 17 Tagen tätlich an und miβhandelte es genau in derselben Weise, wie groβe Beute angefaβt und verschlungen wird. Dieses Verhalten wiederholte sich beim Versuch und richtete sich stets gegen denselben Jungvogel; als er nicht im Nest war, wurde nur ein ganz gelinder Angriff gegen ein anderes Jungés gerichtet. Das fragliche Nesthäkchen war nach Gröβe kaum und nach Munterkeit und Zustand offenbar gar nicht von den Geschwistern verschieden und lieβ sich ohne jede Schwierigkeit von Menschenhand groβziehen; später ergab die Sektion, daβ der Trematodenbefall überdurchschnittlich war (L. SZIDAT). 1934 wurden ähnliche Beobachtungen an einem nachweislich dreijährigen Storchvater gemacht, die ebenfalls wiedergegeben sind. In diesem Zusammenhang wichtige Verhaltensweisen bei anderen Arten, besonders Fischreiher, sind besprochen. Es wird der Standpunkt vertreten, daβ die Ursache für diese (schon vor 400 Jahren bemerkte, aber nie genau beobachtete) Erscheinung vor allem beim fraglichen Altvogel und nur unwesentlich beim betroffenen Jungvogel zu suchen ist. Es spricht manches dafür, daβ die sich so verhaltenden Elternvögel Erstbrüter und noch nicht vollreif sind. Die Instinkthandlung des Beutemachens greift bei ihnen in den Bereich ein, der beim voll entwickelten Vogel nur der Brutpflege vorbehalten ist. Es würde sich also um einen ethologischen Mangel handeln, der vorübergehend und Zeichen mangelnder Ausreifung ist. V. Weitere Verhaltensweisen der Altvögel bei der Jungenaufzucht. Besprochen werden: Das Benehmen der Eltern beim Schlüpfen der Jungen, die Ursachen für Abflug vom und Rückflug zum Nest, ferner das Aufgeben des Innendienstes ohne Ablösung, das vom Anfang der 4. Woche ab einsetzt. Unser ♂ begann damit wesentlich früher (rund 24 Tage) als das ♀ (rund 30 Tage). Die Alten wuβten beim Bedecken und Beschatten der Jungen in sehr zweckentsprechender Weise zu verfahren. Bei der Gefiederpflege ist das Beknabbern der Jungen (nur) durch die Mutter vom Durchbrechen der Konturfedern ab erwähnenswert. Die Storcheltern, das ♂ früher als das ♀, beziehen beim zweiten Teil der Nesthockzeit einen besonderen Standplatz; sie besuchen den Horst nur ganz kurz zur Nahrungsübergabe (und das ♀ noch längere Zeit regelmäβig für die Nachtwache) und scheuen sich offenkundig vor dem drängenden Betteln der Jungen. Nach dem Flüggewerden der Jungen erwacht die Nestfreudigkeit von neuem, und es wird dem Anscheine nach eine neue Fortpflanzung eingeleitet, die jedoch bald abbricht und dem Zugtrieb weicht. In unserem Fall erwies sich das ♀ früher und stärker nestfreudig als das♂. VI. Stufen der Jungenentwicklung lassen sich aufzeigen in der Umfärbung von Schnabel und Ständern, in der Ausbildung des Sitzens, Stehens, Sich-Kratzens, in der Ausbildung der Stimmlaute und im Beginn des Flügelpumpens und Drohklapperns als Nestverteidigung. Die Jungen haben passive und aktive Zeichen der Abwehr gegen Nestbesucher. Sie fallen entweder in Akinese oder werfen sich pickend gegen den Ankömmling. Manchmal lösen sich beide Verhaltensweisen ab. Die Bedeutung dieser Schreck- und Drohzeichen wird besprochen und ein Vergleich mit dem Verhalten junger Nachtreiher (nach K. Lorenz) gezogen. Weiter werden behandelt das Flugüben, das Verhalten bei den ersten Ausflügen und bei Einflügen Junger in fremde Nester. VII. Familienauflösung und Wegzug. Da die Jungen auf ihren Horsten und die Alten auf ihren Standplätzen (soweit jungenlos, auf ihren Horsten) zu nächtigen pflegen, kann man allabendlich den Bestand der noch anwesenden Störche prüfen. Allerdings können Jungstörche z. B. zwei Nächte hindurch fehlen, und es können sich Junge an fremdem Platz einstellen, wahrscheinlich wenn sie bei ihren Kreisflügen die Fühlung mit dem Heimatplatz verloren haben. In unserem Fall war der 30 km entfernt aufgewachsene “äSchwarzschnabel„ ein kennzeichnendes Beispiel. Solche Vögel wissen sich dann bis zum Wegzug einer fremden Population einzufügen. Der Wegzug von 30 Störchen (wovon 12 Alte) verteilte sich auf 8 verschiedene Tage zwischen 15. B. und B. 9.; sogar Geschwister von Vierergehecken konnten an zwei und drei verschiedenen Zeitpunkten abreisen. Das Zerbröckeln der Familienbindungen vollzieht sich also noch viel auffälliger, als bisher bekannt.
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Electronic Resource
URL:
http://dx.doi.org/10.1007/BF00421681
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