ISSN:
1432-234X
Source:
Springer Online Journal Archives 1860-2000
Topics:
Biology
Description / Table of Contents:
Zusammenfassung 1. Von dem über Mittelamerika und das nördliche Südamerika verbreiteten Zahnkarpfen Poecilia (Mollienesia) sphenops leitet sich eine cavernicole Form her, die eine 300 m lange Kalksteinhöhle im Südwesten Mexikos besiedelt. Das Auge der Tiere aus dem tiefsten Innern der Höhle ist erheblich verkleinert, es ist leicht in die Orbita eingesenkt, und das umgebende Gewebe beginnt, das Auge vom Rande her zu überwachsen. Vor allem die Retina weist Anzeichen einer Degeneration auf (Verkürzung der Sehzellen, Verminderung der Zahl der Sehelemente). Wie bei Tageslicht gehaltene Nachzuchten erweisen, sind die Veränderungen des Auges weitgehend erblich bedingt. 2. Die Augenausbildung ist innerhalb der Höhle nicht einheitlich. Vielmehr besteht eine Variabilität, die bis zu annähernd normalgeäugten Tieren reicht. Dabei läßt sich im Verlaufe des Höhlenbaches ein Gradient erkennen: Die durchschnittliche Augengröße nimmt in bachaufwärtiger Richtung kontinuierlich ab. 3. Die Variabilität hinsichtlich der Augenausbildung basiert auf einer genotypischen Vielfalt, die durch mehrere Mutationsschritte innerhalb des für das Normalauge verantwortlichen Genotyps entstanden ist. Der Gradient wiederum ist Ausdruck einer abgestuften Häufigkeit sich degenerativ auswirkender Erbfaktoren, die wahrscheinlich dadurch zustande kommt, daß von Zeit zu Zeit normalgeäugte Tiere aus dem oberirdischen Teil des Baches in die Höhle eindringen and sich mit der Höhlenform verbastardieren. 4. Die Untersuchungsergebnisse stellen einen erneuten Beweis für das Darwinsche Degenerationsprinzip dar, nach dem eine erhöhte erbliche Variabilität entsteht, sobald ein Organ — etwa durch plötzlichen Wandel des Lebensraumes — nutzlos geworden ist. 5. Die Untersuchungsergebnisse lassen weiterhin den Schluß zu, daß der phylogenetische Degenerationsprozeß des Auges der Höhlenfische in groben Zügen einem ontogenetischen Degenerationsprozeß entspricht, wie er sich bei stammesgeschichtlich alten Höhlenfischen mit winzigen cystenartigen and versenkten Augen darstellt : Der Prozeß beginnt mit einer auffälligen Verkleincrung des gesamten Auges, darauf folgen eine strukturelle Degeneration der Retina, dann ein Zerfall der Linse, parallel dazu verläuft die Einsenkung des Auges and seine Überwachsung von umgebendem Gewebe. 6. Abschließend wird der Versuch gemacht, Haeckels These von der Rekapitulation der Phylogenese durch die Ontogenese genetisch zu interpretieren. Auch lassen sich die morphologischen Gesetzmäßigkeiten, die sich in der degenerativen Evolution des Auges zu erkennen geben, mit der Vorstellung in Einklang bringen, daß Mutationen zufallsmäßig über den für das Auge verantwortlichen Genotyp verteilt sind und die natiirliche Selektion im Sinne DARWINS in keiner Weise an dem “gerichteten” Degenerationsprozeß teilhat.
Notes:
Abstract Complex organs such as the eyes of vertebrates are based upon highly polygenic systems. So, remarkable differences in the eyes of cave fishes and their overground ancestors are caused by several mutations. Although in cavernicolous populations natural selection seems to play no part in eye degeneration, there is evidence for morphologic regularities in the degenerative process. These morphologic regularities are due to pleiotropic effects of the mutating genes.
Type of Medium:
Electronic Resource
URL:
http://dx.doi.org/10.1007/BF00401485
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