ISSN:
1439-0361
Source:
Springer Online Journal Archives 1860-2000
Topics:
Biology
Notes:
Zusammenfassung Das Verhalten des Feldsperlings(Passer montanus) wurde vier Jahre lang in einer weitläufigen Siedlung am Motzener See bei Zossen an 16 bis 19 teilweise buntberingten Paaren untersucht. Zur Ergänzung der Freilandbeobachtungen wurden 2 Nestjunge (♂ und ♀) vom 7. Lebenstag an aufgezogen. Die Vögel verpaarten sich im folgenden Jahr, und es gelang die Aufzucht von 3 Jungvögeln. Die Feldsperlinge brüten im Kontrollgebiet und in der weiteren Umgebung fast nur an Gebäuden unter Ziegeln oder Pappdächern. Sie bleiben in der Regel das ganze Jahr im Wohngebiet. Der gleiche Nistplatz kann mehrere Jahre hindurch benutzt werden. Die Paare halten lebenslänglich zusammen. Die Lautäußerungen des Feldsperlings werden beschrieben. Sie sind sehr variabel und durch zahlreiche Übergänge gekennzeichnet. Feldsperlinge sind gesellig und brüten in lockeren Kolonien. Außerhalb der Brutzeit vereinigen sie sich zu Schwärmen, deren Größe durch das Nahrungsangebot bestimmt wird. Die Individualdistanz beträgt für gewöhnlich mindestens 10 cm. In der Ruhe schmiegen sich die Tiere gelegentlich aufgeplustert aneinander. Im Herbst übernachten Feldsperlinge in Schwärmen versteckt in Bäumen oder Büschen, später vorwiegend paarweise in ihren alten Nestern. Im Herbst und im zeitigen Frühjahr äußern sie — wohl bei schwacher sexueller Stimmung — ein schwatzendes Lied, wenn sie gemeinsam oder allein aufgeplustert ruhen. Bei Raubvogelgefahr geben sie einen kurzen, lauten Alarmruf, flüchten tief unten ins Gebüsch oder auf den Boden und verharren dort unbeweglich. Auf Katzen reagieren sie nur am Nest, wenn sie Eier oder Junge haben, mit gereihten Alarmrufen, sonst gehen sie Katzen gelassen aus dem Wege. Auf Eulen und Eichhörnchen hassen sie mit besonderen Rufen. Im Frühling und Sommer ernährt sich der Feldsperling überwiegend animalisch, im Herbst und Winter hauptsächlich von Sämereien. Auf dem Boden liegendes Laub durchsucht er mit Hilfe einer spezifischen Bewegungsweise („Hochschieben“). Dieselbe Bewegungskoordination tritt auch beim Nestbau auf. Kampf- und Drohverhalten werden beschrieben. Bei Auseinandersetzungen mit Rivalen in der Fortpflanzungszeit drohen sich die ♂ ♂ gegenseitig in der „Kopfhoch-Haltung“ an. Das auffälligste Drohgehabe beim Fressen ist das „Beugedrohen“. Von Februar an beginnen ♂♂ und ♀♀ Höhlen zu inspizieren. Dies tun auch Paare, die schon ein Nest besitzen. Die Geschlechter verhalten sich dabei unterschiedlich. Junge ♂ ♂ erwerben schließlich (im Frühjahr ihres 2. Kalenderjahres) eine Höhle, vor der sie in aufgeplusterter Balzhaltung schilpen, um ein ♀ herbeizulocken. Vielfach verpaaren sich Jungvögel mit verwitweten Nestbesitzern. Außer der beschwichtigenden Plusterbalz zeigt der Feldsperling die „Paradebalz“ mit mehr aggressivem Charakter. Er umhüpft sein Weibchen (vielfach auch ein ♀ aus der Nachbarschaft) in einer spezifischen Körperhaltung. Mitunter beteiligen sich mehrere ♂ ♂ an dieser „Paradebalz“, deren Aufgabe darin zu bestehen scheint, das ♀ sexuell zu stimulieren. Zur Herstellung des Nestes dienen vornehmlich 2 Bewegungskoordinationen: 1. Das bei vielen Singvögeln verbreitete Strampeln mit den Füßen und 2. ein Hoch-und Wegschieben der Niststoffe, das eine rasche Erhöhung der Seitenwände bewirkt. Vielfach werden die Niststoffe „nibbelnd“ durch den Schnabel bewegt. Das Nest ist gewöhnlich schon 14 Tage vor der Eiablage fertig. Danach wird nicht mehr so eifrig daran gebaut. Für die 2. und 3. Brut und im Herbst nach der Mauser wird das Nest ausgebessert. Beim Brüten lösen sich beide Partner unter beschwichtigenden Rufen ab, wobei sie ein Nistsymbol im Schnabel halten können. Die Bebrütungsdauer beträgt 11 Tage. Die Eltern hudern abwechselnd die noch unbefiederten Nestlinge. Mit einer rüttelnden Schnabelbewegung am Nestboden, die schon in den letzten Bebrütungstagen auftritt, holen sie, besonders das ♀, Kot und Futterreste aus der Nestmulde. In den ersten Lebenstagen bekommen die Jungen sehr kleines animalisches Futter, das die Altvögel ihnen in den Schnabel stecken. Nach einigen Tagen schaffen die Eltern größere Insekten herbei und füttern manchmal auch mit mehligen Stoffen. Nach 16 Tagen Nestlingszeit verlassen die Jungen das Nest, werden von den Eltern noch 14 Tage gefüttert und bei Gefahr unter pfeifenden Rufen fortgelockt. Die Alten bebrüten in dieser Zeit schon das nächste Gelege. Die Entwicklung des Nestlings wird beschrieben. Mit 5 Tagen öffnen die Jungen die Augen, mit 3 Tagen versuchen sie sich zu putzen. Mit 6 Tagen kratzen sie sich erstmalig, und zwar „hintenherum“. Am letzten Tag im Nest schieben sie Niststoffe hoch. Kurz nach dem Selbständigwerden zeigen die Jungvögel „Kopfhoch-Drohen“ und „Plusterbalz“. Ein Vergleich der Freiland- und Gefangenschaftsbeobachtungen ergibt keine prinzipiellen Verhaltensunterschiede, aber einige interessante Abwandlungen, die durch die andersartigen Bedingungen in enger Gemeinschaft mit dem Menschen entstehen. Die handaufgezogenen Vögel richteten ihre Handlungen, z. B. das Kopfhoch-Drohen, die Rufe und Stellungen bei der Brutablösung, teilweise auf den Pfleger. — Durch Raumbeschränkung, durch das Fehlen von Rivalen und durch übergroße Furcht vor Ungewohntem erlitten die Balzhandlungen und Paarbildungszeremonien geringfügige Änderungen. Ablauf und Form der Erbkoordinationen blieb jedoch unverändert.
Type of Medium:
Electronic Resource
URL:
http://dx.doi.org/10.1007/BF01676606
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