Publication Date:
2015-12-09
Description:
Die vorliegende Arbeit beschäftigt sich mit der rezenten Aktivität von Thermoerosion in der
Arktis. Im Mittelpunkt stehen hierbei zum einen die längenmäßige Ausdehnung der
Thermoerosionstäler zwischen den Jahren 1964/1975 und 2011 und zum anderen der
Einfluss der frühjährlichen Schneebedeckung bzw. der sommerlichen Bodenfeuchtigkeit auf
die thermoerosive Aktivität.
Im Rahmen der Arbeit wurde das Untersuchungsgebiet in einen geographischen bzw.
geomorphologischen Kontext eingeordnet, woran sich die Erarbeitung einer
Analysegrundlage anschloss, welche mit Methoden der Fernerkundung auf Basis von
RapidEye-, Kompsat-2-, Hexagon- und Corona-Satellitendaten sowie mithilfe eines GIS
erfolgte. Diese Technologie erwies sich für die Bearbeitung der morphologischen und
saisonalen Fragestellungen in einem derart ausgedehnten Untersuchungsgebiet, wie es der
Eiskomplex der dritten Terrasse des Lena-Deltas darstellt, als sehr gut geeignet.
Der Eiskomplex ist durch ein verzweigtes Thermoerosionstalsystem charakterisiert. Im
Rahmen der vorliegenden Arbeit wurde dieses erstmals vollständig in hoher räumlicher
Auflösung digitalisiert. Auf dieser Basis wurde anschließend eine Change Detection der
längenmäßigen Ausdehnung der Thermoerosionstäler des Eiskomplexes im
Betrachtungszeitraum durchgeführt. Des Weiteren konnte mittels einer Density Slicing-
Klassifikation die Schneebedeckung quantitativ bestimmt und anschließend auf ihren
Zusammenhang mit der sommerlichen Bodenfeuchtigkeit, die sich über den NDVI ableiten
lässt, untersucht werden. Diese beiden Parameter, die sich in ihrer regionalen Ausprägung
unterscheiden, wurden anschließend in Bezug auf ihren thermoerosiven Einfluss analysiert.
Wie in den Ergebnissen dargestellt, liegt die Längenzunahme der Thermoerosionstäler in
den Jahren zwischen 1964 und 1975 bei 1,6 %, während in dem weitaus längeren Zeitraum
zwischen 1975 und 2011 eine Längenzunahme von 1,4 % verzeichnet wurde. Für den ersten
Betrachtungszeitraum ergibt sich somit ein um den Faktor 3,7-mal so hoher Längenzuwachs
der Thermoerosionstäler im Vergleich zum zweiten Zeitraum. Als Ursache für die
unterschiedlichen Thermoerosionsraten werden wechselnde Klimaverhältnisse angeführt.
Das Ausmaß der Längenzunahmen konnte allerdings nicht direkt mit der
Thermoerosionstaldichte korreliert werden, was auf ein komplexes Wirkungsgefüge
unterschiedlicher Einflussfaktoren auf den Prozess der Thermoerosion hinweist.
Aus der Schneeklassifikation gehen weiterhin deutliche regionale Unterschiede der
Schneebedeckung hervor. So zeigen vor allem die westlichste Eiskomplexinsel Khardang,
aber auch die östlichste-, Sobo, im Juni weitverbreitet schneebedeckte Täler, während die
dazwischenliegenden Eiskomplexinseln, Kurungnakh und Dzhangylakh nahezu schneefrei sind. Dieses Phänomen kann mit der Lage der jeweiligen Eiskomplexinseln zu den
wärmeabstrahlenden Flusszweigen der Lena in Zusammenhang gebracht werden. Für Sobo
konnte außerdem im Gegensatz zu allen anderen Eiskomplexinseln eine nordwestlichsüdöstliche
Vorzugsorientierung der im Frühjahr noch schneebedeckten Täler detektiert
werden, welche auf die aus südwestlicher Richtung kommenden Winterwinde zurückgeführt
werden kann. Des Weiteren ergab eine statistische Auswertung mittels des t-Test einen
direkten Zusammenhang zwischen frühjährlicher Schneebedeckung und sommerlichem
NDVI bzw. Bodenfeuchte, wobei eine bis mindestens Juni anhaltende Schneedecke eine
überwiegend erhöhte Bodenfeuchte im Sommer zur Folge hat. In diesen Tälern konnte im
Vergleich zu solchen, in denen der Schnee früher taute, eine erhöhte Thermoerosionsrate
beobachtet werden.
Neben dem Einfluss der Schneebedeckung und der sommerlichen Bodenfeuchtigkeit auf die
Thermoerosion wurden weitere Einflussfaktoren, wie Pflanzenbedeckung, sedimentäre
Umlagerungsprozesse, variierende Klimaverhältnisse sowie neotektonische Aktivität, die sich
fördernd bzw. hemmend auf die Thermoerosion auswirken, anhand vergleichender
Literaturauswertung bzw. Korrelation mit der im Rahmen der Arbeit erhobenen
Datengrundlage diskutiert.
Zukünftig kann von verstärkten Thermoerosionsraten aufgrund langfristig steigender
Temperaturen im arktischen Raum ausgegangen werden. Durch den Trend der
Klimaerwärmung werden weiterhin aufgrund intensiverer und früher einsetzender
Tauprozesse größere Schneeschmelzvolumina freigesetzt, welche die thermoerosive
Aktivität erhöhen. Dies könnte mit einer „Reaktivierung“ bereits stabiler Thermoerosionstäler
einhergehen.
Repository Name:
EPIC Alfred Wegener Institut
Type:
Thesis
,
notRev
Format:
application/pdf
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