Morphogenese und Histogenese erblich bedingter Zwillingsfedern bei Haustauben (Columba livia dom. L.)

Summary

• 1. “Twin feathers” described for various domestic breeds of pigeons have been found in Oriental Rollers in 12 per cent of the sides of the tails during each of the breeding periods.

• 2. Each studied twin feather originates in a single follicle. It shows either one sheath (“split feather”) or two sheaths (“double feather”). 72 per cent of the feathers have been found in the middles of the tails, 23 per cent in the middle of one side of the rows of rectrices.

• 3. Twin feathers grow either out of one papilla and one blastema having the ability for forming two shafts (split feathers) or from two separated papillae and blastemas lying in a single follicle cavity (double feathers).

• 4. The degree of splitting of split feathers is correlated to the position of the shaft primordia in the collars. Feathers of a degree of splitting exceeding 85 per cent have been found growing from collars with a pair of shaft primordia in an approximately diametrical and lateral position and a consequently large ramogenous zone between them, otherwise the two rhachis fuse during their development so that the follicle gives rise to a feather of a smaller degree of splitting.

• 5. The individual formation of a twin feather in a definite follicle will not vary in the succession of the feather generations, except for the rare non-reappearance of one twin of double feathers. Especially the degree of splitting has been observed to be invariable.

• 6. Generally the material of a twin feather is augmented compared to the symmetrically situated feather of the opposite side of the tail. The weight and area of a double feather is doubled, the weights of split feathers are significantly increased, the areas only of feathers with a degree of splitting exceeding 85 per cent.

• 7. Similar principles may be stated for twin downs of nestlings, but a great number of twin downs with mutual filaments has been observed. In the first generation of contour feathers, the twin downs are generally followed by twin feathers, only in rare cases by normal feathers. The specific formations of so-called “stunted feathers” (representing a kind of double feathers) may be followed in their turn by double or split feathers, if the malformation will not recur.

• 8. In cross sections of the basic region of twin downs of nestlings, a fusion of the blastemas and papillae has been found in many cases. It may be supposed that in this way the blastemas of the split feathers, studied in this paper, originate, that means by a down-growth of two primordia into one follicle (caused by an excessive number of primordia in the delimited row of definitive tail feathers) and by a subsequent fusion. In contrast to the follicles of split feathers, the collars and papillae remain separated by a basic portion of the follicle wall in follicles of double feathers.

Zusammenfassung

• 1. Die bei Rassetauben beschriebenen Zwillingsfederbildungen traten in den einzelnen Brutperioden bei Orientalischen Rollern im Durchschnitt bei 24% der Jungtiere bzw. bei 12% ihrer Schwanzhälften auf.

• 2. Alle untersuchten Zwillingsfedern entstehen in einem Follikel und weisen entweder eine (Spaltfedern) oder zwei Federscheiden (Doppelfedern) auf. 72% treten in der Mitte der Steuerfederreihe, 23% jeweils in der Mitte der beiden Schwanzhälften auf.

• 3. Die Zwillingsfedern gehen entweder aus einem Blastem, allerdings mit der Fähigkeit zur Bildung zweier Schaftanlagen (Spaltfedern), oder aus zwei getrennten Blastemen in einem Follikel (Doppelfedern) hervor.

• 4. Der Spaltungsgrad von Spaltfedern hängt vom Ort der Anlage der Schäfte auf dem Ringwulst ab. Bei fast diametralen, lateralen Schaftanlagen und entsprechend mächtiger Ramusbildungszone II treten Spaltfedern mit 1/1-Spaltung auf, andernfalls kommt es zur früheren Vereinigung der Schäfte und somit zu geringeren Spaltungsgraden.

• 5. Die Ausprägung einer einmal aufgetretenen Zwillingsbildung ändert sich im Laufe der Generationenfolge nicht, abgesehen von dem sehr seltenen Ausbleiben eines Zwillings von Doppelfedern. Vor allem der Spaltungsgrad von Spaltfedern erweist sich (abgesehen von geringen, tendenzlosen Schwankungen) als invariant.

• 6. Das Material der ausgewachsenen Zwillingsfedern ist gegenüber dem der symmetrischen Kontrollfeder im allgemeinen vergrö\ert. Bei Doppelfedern findet sich eine eindeutige Verdoppelung von Gewicht und Fläche, bei den Spaltfedern eine statistisch gesicherte Gewichtsvergrö\erung (Flächenvergrö\erung nur bei Spaltfedern mit 1/1-Spaltung).

• 7. Grundsätzlich lassen sich die gleichen Prinzipien auch bei Zwillings-Embryonaldunen feststellen. Allerdings treten gehäuft Grenzfälle in Gestalt von Zwillingsdunen mit gemeinsamen medianen Dunenstrahlen auf. Den Zwillingsdunen folgen in der ersten Konturfedergeneration im allgemeinen Zwillingsfedern, in seltenen Fällen jedoch auch Normalfedern. Als Besonderheit treten oft „Kümmerfedern“ (verkümmerte Doppelfedern) auf, die ihrerseits Vorläufer von Doppel-oder Spaltfedern sein können.

• 8. Auf Schnitten durch den basalen Abschnitt von Zwillings-Embryonaldunen lassen sich in zahlreichen Fällen eindeutige Vereinigungen der beiden Blasteme beobachten. Es ist anzunehmen, da\ auf diese Weise, d.h. durch gemeinsame Einsenkung und anschlie\ende Vereinigung zweier Dunenanlagen, die Blasteme zumindest der hier untersuchten Spaltfedern mit ihrer Fähigkeit zur doppelten Schaftbildung entstehen. Falls jedoch, wie in vielen Fällen beobachtet wurde, nach einer gemeinsamen Einsenkung zweier Dunenanlagen eine Vereinigung der Blasteme unterbleibt, letztere vielmehr durch Einschnürung von Follikelwand und Federbalg getrennt werden, entsteht bereits auf diesem Entwicklungsstadium das typische Bild eines Doppelfollikels.