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Von den Gefühlen und Stimmungen eines Hundes. Ein Beitrag zur vergleichenden Psychophysiologie

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Zusammenfassung

In Ergänzung der vorwiegend auf Intelligenzprüfung ausgerichteten Tierpsychologie wird hier das Gefühls- und Stimmungsleben in den Vordergrund vergleichend psychophysiologischer Untersuchung gerückt. Ausgezeichnete Gelegenheit dazu bietet der in die Familiengemeinschaft aufgenommene Hund, welcher in ihm restlos vertrauter Umgebung und ohne gestellte Situationen beobachtet wird. Als Kriterien für die Beurteilung subjektiven Erlebens dienen einerseits die objektiv feststellbaren äußeren Einflüsse, welche das Verhalten sichtbar bestimmen, anderseits die Auswirkungen der Gefühlsreaktionen.

In einjähriger fortlaufender Überwachung wird ein auffallend reicher Gefühlsschatz festgestellt, wobei die Verhältnisse aber doch noch so einfach liegen, daß sie nach Ursache und Wirkung verständlich sind. Es wird der Versuch gemacht, das System der Gefühle nach seinem organischen Aufbau und nach seinen Leistungen im physiologischen Gesamtgeschehen zu kennzeichnen. Dabei sehen wir die Gefühle in Steuerungsmechanismen eingespannt, welche in ihrer elementarsten Form unmittelbaren Anschluß an die reflektorische Regulierung vegetativer Funktionen haben und speziell dort in Aktion treten, wo Faktoren der Umwelt in den Regulationsvorgang einzubeziehen sind. Das enge Verhältnis zum vegetativen Regulationsapparat kommt in der starken Neigung zu „Mitbewegungen“ in seinem Funktionsbereich zum Ausdruck. Je nach Qualität und Akzent einer Gefühlsregung entwickelt sich ein koordiniertes vegetatives Syndrom oder — bei qualitativ hoher Wertigkeit und intensiver Entladung — eine die-Ordnung durchbrechende Irradiation. In dieser Ebene des physiologischen Geschehens drängt sich im Sinne der vergleichenden Psychophysiologie eine Gegenüberstellung zu den Verhältnissen beim Menschen, speziell beim Kind auf.

In der Entwicklung der Gefühle zu höherer Leistung greifen sie mehr und mehr in die Auseinandersetzung mit Kräften der Umwelt über, welche nicht mehr einzelne Sektoren des vegetativen Systemes berühren, sondern das Individuum als Ganzes betreffen. Gleichzeitig wird der Aktionsbereich von einer nächsten Zukunft, in welcher sich der Erfolg der regulierten Leistung einstellt, in eine fernere ausgedehnt. Auf dem Wege zum fernen Ziel lassen sich im aktiven Verhalten zwei Phasen unterscheiden, nämlich eine subjektiv erlebte Bereitschaft, d. h. eine Stimmung, und die eigentliche Handlung. — Die Entwicklung des Gefühlssystemes betritt eine noch höhere Ebene, wenn es in das Verhalten im Rahmen eines Kollektivums eingreift, in welchem das Individuum durch Gefühlsbindungen, egozentrisch optimal, eingefügt ist und mit welchem es sein Schicksal teilt.

Im Zusammenhang mit der Kennzeichnung des organisch aufgebauten Gefüges der Gefühle wird die Frage der Verschmelzung und des Wettstreites zwischen verschiedenen Komponenten gestreift. — Im ganzen handelt es sich um die Bestrebung, durch Rückgriff auf einfache Verhältnisse Einblicke in die Stellung der Gefühle im physiologischen Gesamtgeschehen, im besonderen auch in die Wechselbeziehungen zwischen subjektivem Erleben und vegetativen Reaktionen zu gewinnen.

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Herrn Prof. Dr. O. Bürgi, dem verdienten Senior der vet. med. Fakultät der Universität Zürich gewidmet.

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Hess, W.R. Von den Gefühlen und Stimmungen eines Hundes. Ein Beitrag zur vergleichenden Psychophysiologie. Z. f. vergl. Physiologie. 30, 123–138 (1943). https://doi.org/10.1007/BF00338582

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