Zusammenfassung
In der Einleitung ist das Ziel der Arbeit in den wesentlichsten Punkten herausgestellt.
Die Bursastrukturen (Bursavelum und „Rippen” bzw. „Papillen”) der parasitischen Strongylina lassen sich von den entsprechenden Bildungen der freilebenden Rhabditina, vor allem der Gattung Rhabditis, ableiten und in ihren Einzelgliedern homologisieren.
Die im Laufe der Phylogenie bei den Strongylina auftretenden strukturellen Transformationen lassen sich auf einige wenige, relativ einfache morphogenetische Grundvorgänge zurückführen, die da sind: Wachstumsallometrien, Materialkompensationen, Organverschmelzungen und Spaltungen (Fissationen), Rudimentationen und ähnliche Vorgänge.
Innerhalb der Strongylina Bursa ist ein „Gefälle der Wachstumsgradienten” feststellbar, das sich vom Zentrum der Bursa sowohl nach distal als auch proximalwärts abschwdcht. Zunehmende Förderung der zentral gelegenen Organe („Rippen”) führt zu entsprechender Reduktion der peripheren Bursastrukturen, was vor allem im terminalen Schwanzabschnitt auffällt und zur Ausbildung des oft nur noch als Rudiment vorhandenen „Dorsalrippenkomplexes” führt. Letzterer entspricht in seiner Gesamtheit der „Schwanzspitze” der peloderen Rhabditiden mit den Papillen 9 und 10.
Die bei Rhabditis moist getrennten Papillen 7 und 8 sind bei allen Strongylina zu einer „Rippe” (Externodorsal-Rippe) verschmolzen, die jedoch in manchen „Aberrationen” durch Abspaltung eines „akzessorischen Astes” ihre wahre Natur (als Verschmelzungsprodukt) zu erkennen gibt („Atavismus”).
Da dieselben Transformationsvorgänge innerhalb der Strongylina mehrfach unabhängig voneinander wirksam geworden sind, treten bestimmte Strukturformen als „Parallelbildungen” in verschiedenen phylogenetischen Union auf (polytope Entstehung).
Zahlreich untersuchte Bildungsabweichungen (Aberrationen), deren Bedeutung für die Morphologie kurz umrissen wird, erschöpfen sich in den gleichen strukturellen Transformationstypen, die auch bei der Evolution der verschiedenen Union der Strongylina nachweisbar sind. Die Aberrationen führen daher häufig zu „Atavismen” oder zu Parallelvariationen („homologe Variationen").
Die Zahl der Umwandlungsmbglichkeiten (Potenzen) der Bursastrukturen innerhalb der Strongylina ist beschränkt (Paripotenz im Sinne Haeckers). Bestimmte Arten (und Entwicklungshnien) haben jeweils nur bestimmte Potenzen realisiert. Andere können jedoch latent (virtuell) im „Kryptotypus” vorhanden sein, ohne normalerweise in Erscheinung. zu treten. In bestimmten „Aberrationen” können sie jedoch plötzlich realisiert werden, so ihr latentes Vorhandensein demonstrierend (Pluripotenz).
Wie lange bestimmte Potenzen in einer Gruppe erhalten bleiben konnen, verdeutlichen auch die „Schwanzhocker” weiblicher Nematoden, als zum Bauplan der Nematoden gehbrende Bildungen. Die Potenz zur Ausbildung dieser Strukturen kommt offensichtlich sehr vielen Nematoden-Arten zu, wird jedoch nur in relativ wenigen Fällen, aber innerhalb der verschiedenen Gruppen bald hier, bald dort (disjunkte Verbreitung), realisiert. Es handelt sich bei den Schwanzhöckern um rudimentäre Organe, die bei keiner Nematoden-Art mehr voll ausgebildet erhalten sind. Ihre Rudimentation beruht zum Teil auf Materialentzug, als Folge von Unkonstruktionen der Schwanzregion, wobei die Adultstadien zuerst betroffen werden („Aphanisie” nach Sewertzoff).
Bei den in Chiropteren parasitierenden Strongylacanthinae haben sich Schwanzhöcker noch bei allen Arten erhalten, was ein offensichtlich „archaisches” Merkmal darstellt. Bei anderen Nematoden, denen sie nur im Larvalstadium zukommen, treten sie wohl durch „Fötalisation” in seltenen Fällen auch bei den adulten Stadien wieder auf.
Alle „speziellen” Bursaformen der Strongylina lassen sich durch relativ wenige und „einfache” Transformationsvorgänge aus einem durch Abstraktion gewonnenen „diagrammatischen Typus” ableiten („Prinzip der variablen Proportionen" nach Troll).
Die „typisierten” Umwandlungsvorgänge decken sich weitgehend mit den von Remane allgemein gefaßten „strukturellen Typen der Realmutationen”. Da sie bei den beobachteten Aberrationen, deren Entstehung auf dem Wege über „Realmutationen” sehr wahrscheinlich ist, in „homologer” Weise auftreten, kann das innerhalb der Strongylina zu beobachtende „Evolutionsphänomen” auf „Realmutationen” zurückgeführt warden.
Obwohl sich die untersuchten strukturellen Transformationen in dem systematisch relativ wait gefaßten Rahmen einer Unterordnung abspielen („transspezifische Evolution” nach Rensch), handelt es sich bei der von uns bevorzugten Terminologie (nach Woltereck und Remane), unter Berücksichtigung des „Charakters” der Umwandlungen, doch nur um Vorgänge, die in den Bereich der „Mikroevolution” fallen.
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Osche, G. Die bursa- und schwanzstrukturen und ihre aberrationen bei den strongylina (Nematoda) morphologische studien zum problem der pluri-und paripotenzerscheinungen. Z. Morph. u. Okol. Tiere 46, 571–635 (1958). https://doi.org/10.1007/BF00407458
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