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Endosymbiosestudien an schildläusen

I. Stictococcus Sjoestedti

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Zeitschrift für Morphologie und Ökologie der Tiere Aims and scope Submit manuscript

Zusammenfassung

  1. 1.

    Die Symbionten von Stictococcus sjoestedti sind in Mycetocyten lokalisiert, welche mehr oder weniger dicht geschart in die oberflächlichen Regionen des Fettgewebes eingesprengt sind. Sie Bind lediglich in den weiblichen Tieren vorhanden. Die Männchen, welche nur in der auf das tropische Afrika beschränkten Unterfamilie der Stictococcinae schon auf dem ersten Larvenstadium entweder ein hochgradig reduziertes Rostrum besitzen oder auch die letzten Reste eines solchen völlig verloren haben, und daher zeitlebens keinerlei Nahrung aufnehmen, fehlen die Symbionten durchaus.

  2. 2.

    Die Übertragung auf die Eizellen bietet mancherlei Besonderheiten. Wenn die in die peripheren Regionen hineinwachsenden Äste der Ovarien mit den Mycetocyten in Berührung kommen, werden sie vielfach in ein die Ovariolen umgebendes Hüllgewebe eingesenkt. Die Ovocyten stellen auf einem ungewöhnlich frühen Stadium, ohne daß es zur Bildung von Reservestoffen käme, ihr Wachstum ein. In denjenigen Mycetocyten, die ihnen um diese Zeit in der hinteren Region anliegen, wandeln sich die bis dahin schlanken, schlauchförmigen Symbionten allmählich in ansehnliche kugelige Übertragungsformen um, während weiter vorne die Ovocyte berührende Mycetocyten nicht derart beeinflutßt werden. Anschließend entstehen Lücken im Follikel, durch welche die Symbionten in die Eizelle übertreten. Ist die Infektion abgeschlossen, so umgeben nur noch geringe Plasmamengen den an den oberen Pol gedrängten Eikern, während der übrige Raum völlig den Symbionten überlassen bleibt.

  3. 3.

    Im Verlauf der beiden Reifeteilungen und der Entfaltung der Vorkerne kommt es zu einer noch reinlicheren Scheidung von Plasma und Symbionten. Das erstere pflegt eine von einem Pol zum anderen ziehende Brücke zu bilden, während die Symbionten in dem sie umgebenden Raum flottieren. Die erste Furchungsteilung liefert zwei je einen Pol einnehmende scharf begrenzte Blastomeren. Jede von ihnen gibt anschließend vier Blastomeren den Ursprung. Dabei eilen die Teilungen am oberen Pol voraus und kommt es vielfach zu einer sonst bei Insekten bisher nicht beobachteten regellos auftretenden Gonomerie. Die Richtungskörper überdauern these Periode inmitten der Symbionten.

  4. 4.

    Nach Entstehung des 8-Zellenstadiums kommt es zu einer Verdickung des zwischen Ei and Nährzellen gelegenen Teiles des Follikels, die in der Folge als eine Art Placenta funktioniert. In sie treten einige wenige der am oberen Pol entstandenen Furchungszellen über und bauen, sich rege vermehrend, extraembryonal die Anlage des Keimstreifs und des Amnion auf, während die Intensität der Entwicklung in dem der alten Eigrenze entsprechenden Abschnitt eine sehr geringe ist. Einige wenige Furchungszellen verbinden sich hier mit den Symbionten zu den ersten, großen Mycetocyten, wobei unter Umständen die Richtungskörper in eine solche gelangen, und am hinteren Pol taucht die Anlage der Geschlechtsdrüse auf.

    Die degenerierenden Nährzellen und die das gleiche Schicksal erleidenden Zellen der Placenta sinken in die schüsselförmige Anlage des Keimstreifs und werden hier vollends aufgelöst. Um these Zeit schwindet auch die Begrenzung des embryonalen und extraembryonalen Bereiches und entsteht ein harmonisches Gebilde, dem man seine einzigartige Entstehung nicht mehr ansieht. Die weitere Entfaltung des Keimstreifs und die übrigen Entwicklungsprozesse verlaufen in den gewohnten Bahnen.

  5. 5.

    Erreichen die Eizellen ihre endgültige Größe in einem Bereich des Tieres, in dem keine Mycetocyten vorhanden sind, und unterbleibt infolgedessen die Infektion, so entwickeln she rich zu Männchen. Dabei verhalten she sich in jeder Hinsicht, wie wenn Symbionten vorhanden wären. Wiederum konzentriert sich das Eiplasma und grenzt sich scharf gegen einen nun nur mit Flüssigkeit gefüllten Raum ab. Die Furchung verläuft wie bei den zu Weibchen werdenden Morn, Gonomerie begegnet in der gleichen Weise, auf dem gleichen Stadium wandern einige Furchungszellen in die Placenta aus, lassen hier den Keimstreif entstehen und vereinigen sich später die beiden Regionen; nur tritt hierbei die dem Ei entsprechende infolge des Fehlens der Symbionten an Umfang noch mehr in den Hintergrund.

  6. 6.

    Die Einmaligkeit, die Stictococcus hinsiehtlich der embryologischen Geschehnisse und seiner symbiontischen Einrichtungen offenbart, findet ihre Erkldrung in dem bei keiner anderen Schildlaus wiederkehrenden Grade der Rudimentierung der männlichen Tiere und in dem Umstand, daß die Eientwicklung auf einem so frühen Stadium einsetzt, daß es notwendig zu einem bisher bei keinem anderen Objekt gefundenen Mißverhältnis zwischen Plasma- und Symbiontenmenge kommt. Der männliche Organismus wird so im wesentlichen bereits im mütterlichen Organismus fertiggestellt und die ihm hierbei von dessen Symbionten zur Verfügung gestellten Wuchsstoffe machen eine weitere Versorgung mit Symbionten überflüssig. Daß es sich dabei um einen Symbiontenverlust handelt, der erst durch die Rückbildung der Mundteile ausgelöst wurde, belegt das Festhalten all der Eigentümlichkeiten der Embryonalentwicklung, die durch die Symbiose bedingt Bind.

  7. 7.

    Die Stictococcus-Symbiose gewinnt somit auch eine hervorragende Bedeutung für die Probleme der Geschlechtsbestimmung, die gerade bei den Cocciden ganz besonderer Art sind. Durch die Untersuchungen von HuguEs-Schrader and Schrader wurde gezeigt, daß eine Reihe primitiverer Schildläuse Heterogametie im männlichen Geschlecht aufweisen, daß aber im übrigen die X-Chromosomen aus unbekannten Gründen verlorengegangen sind und damit der Entscheid über das Geschlecht auf das Weibchen übertragen wurde. Welcher Art dieser ist, blieb dabei zunächst freilich verborgen. Immerhin ließen die Erfahrungen über das in weiten Grenzen schwankende Zahlenverhältnis der Geschlechter und dessen Abhängigkeit von Umweltsfaktoren an eine modifikatorische Gesehlechtsbestimmung denken. Für Stictococcus ist eine solche nun zur Gewißheit geworden, wenn man auch hinsichtlich der Natur der ausschlaggebenden Faktoren nur Vermutungen äußern kann. In erster Linie wind man dabei an die Vitaminproduktion der in die Eizelle verpflanzten Mikroorganismen denken müssen. Ob bei denjenigen Objekten, welche auch im männlichen Geschlecht mehr oder weniger reduzierte Mycetome besitzen, vielleicht die Menge der das Ei infizierenden Symbionten Einfluß auf die Entstehung der Geschlechter hat, bedarf der Prüfung.

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Aus der von der Deutschen Forschungsgemeinschaft eingerichteten, der Symbioseforschung dienenden Arbeitsstätte in Porto d'Ischia (Napoli).

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Buchner, P. Endosymbiosestudien an schildläusen. Z. Morph. u. Okol. Tiere 43, 262–312 (1954). https://doi.org/10.1007/BF00391845

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