ISSN:
1432-0886
Source:
Springer Online Journal Archives 1860-2000
Topics:
Biology
,
Medicine
Notes:
Zusammenfassung 1. X- und Y-Chromosomen unterscheiden sich in dem Ausmaß, in dem in ihnen zygotisch-letale Mutationen ausgelöst werden. Je größer der Unterschied ist, um so mehr kommt es nach Spermienbestrahlung zu einer Verschiebung des Geschlechtsverhältnisses zuungunsten der ♀♀ in der F1. 2. Der Grad dieser Verschiebung des Geschlechtsverhältnisses ist verschieden bei Bestrahlung von ♂♂ mit normalem (X+) oder ring-förmigen (Xc) X-Chromosom. 3. In X+-Chromosomen können als zygotisch-letale Mutationen vorkommen: Dominant-letale Genmutationen und von Chromosomenmutationen Deletionen und dyszentrische Ein-Bruch-Rekombinationen. In Y-Chromosomen sind solche Mutationen nicht letal. Unterschiede in der Häufigkeit zygotenletaler dyszentrischer, interchromosomaler Mehr-Bruch-Rekombinationen könnten dann bestehen, wenn Unterschiede in der Bruchhäufigkeit zwischen X+- und Y-Chromosomen vorlägen. 4. In Xc-Chromosomen kommen als zusätzliche zygotenletale Mutationen die euzentrischen reziproken Translokationen und andere euzentrische interchromosomale Mehr-Bruch-Rekombinationen vor. Außerdem führen euzentrische Ein-Bruch-Rekombinationen in Xc zu bizentrischen doppeltgroßen Ringchromosomen, die entweder (bei anschließendem Chromatidenbruch) zygotenletal sind oder (bei Elimination) zur Geschlechtsumwandlung führen und so an der Verschiebung des Geschlechtsverhältnisses auch beteiligt sind. 5. In der F1 nach Bestrahlung der X+-P-♂ ♂ findet sich (bei 4000 r) eine nur geringe Verschiebung des Geschlechtsverhältnisses (Tabelle 2, S. 413). Die Häufigkeit aller unter 3. angeführten intrachromosomalen Mutationen ist also klein bzw. bei Translokationen in X+- und Y-Spermien nicht verschieden. 6. Gleichartige Versuche mit Xc-♂ ♂ führen zu einer starken Verschiebung des Geschlechtsverhältnisses. Da nach X+- ♂ ♂-Bestrahlung keine nennenswerte Verschiebung vorliegt, können in den Xc-Versuchen die Y-Spermien mit den X+-Spermien ohne wesentlichen Fehler gleichgesetzt werden. Die Verschiebung des Geschlechtsverhältnisses ist also ein Maß für die Unterschiede der Mutabilität von X+- und Xc-Chromosomen und damit für die Häufigkeit der zu bizentrischen Doppelringen führenden euzentrischen Ein-Bruch-Rekombinationen und der sich an euzentrischen Translokationen beteiliegenden Brüche in Xc. 7. Die Dosisabhängigkeit der Verschiebung des Geschlechtsverhälttüsses wurde in 2 sich durch die Außenbedingungen unterscheidenden Versuchsgruppen untersucht, von denen die erste 13 Dosen von 250 bis 6000 r, die zweite 11 andere Dosen von 75–3500 r umfaßte. Das Geschlechtsverhältnis sinkt von 1∶1 in den Kontrollen auf weniger als l ∶ 2 bei 6000 r (Tabelle 4, S. 419). Die Werte 1 – 2 N♀/N stehen in nahezu linearer Abhängigkeit von der Dosis, doch zeigt die Proportionalitätskurve eine leichte Überkrümmung (Abb. 6, S. 420). 8. Eine überkrümmte Eintreffer-Kurve ist nur unter den folgenden Bedingungen zu erwarten: Wenn bX die Häufigkeit aller wirksamen (zu bizentrischen Doppelringen und zu eu- und dyszentrischen Translokationen) Brüche in Xc und wenn tYL, die der dyszentrischen Translokationen zwischen Y und Autosomen bezeichnet, so gilt unter der Annahme der Zygotenletalität der Doppelringe die Beziehung 1 − N♀/N♀ = $$\frac{{b_x - t_{YL} }}{{1 - t_{YL} }}$$ . Folgt nun bX einer Eintrefferkurve, tYL der zugehörigen Zweitreffer-Kurve (gleiches k), so ist die Dosisproportionalität durch die hyperbolische Funktion 1 − N♀/N♀ = $$1 - \frac{1}{{1 + kD}}$$ gegeben, die graphisch gegenüber einer Eintrefferkurve eine stärkere Krümmung im Anfangsteil zeigt. Dieselben Beziehungen erhält man bei Annahme der Elimination der bizentrischen Doppelringe für die Werte 1 – 2 N♀/N. Verringerte Krümmung ergibt sich, wenn die Translokationen einer Zweitreffer-Kurve von kleinerem k folgen. Die experimentelle Kurve liegt zwischen einer Eintreffer- und der hyperbolischen Kurve (Abb. 8, Tabelle 8 und 9). Damit ist die Annahme bewiesen, daß die Einzelbrüche direkt proportional zur Dosis auftreten. Die Streuung des Materials ist zu groß, um aus der experimentellen Kurve darüber hinaus genaue Angaben über das Zahlenverhältnis von Ein- und Zweitreffer-Ereignissen zu machen. 9. Versuche mit einer Y-2-TransIokation zeigten, daß (im Höchstmaß) 18,7% der bizentrischen Doppelringe eliminiert werden; alle übrigen führen zum Absterben der Zygoten (Tabelle 5 und 7). 10. Unter Berücksichtigung dieses Verhältnisses von Elimination und Letalität läßt sich eine Bruchhäufigkeit des X von k = 0,12–0,16 bei 1000 r berechnen. Brüche stellen damit die häufigste Bestrahlungsreaktion der Chromosomen dar. 11. Einige Versuche mit abgeänderten Bestrahlungsbedingungen weisen darauf hin, daß die Bruchhäufigkeit von der Wellenlänge der benutzten Strahlung (Grenzstrahlen gegenüber mittelharten Röntgenstrahlen) und von der Art der zeitlichen Dosisverabfolgung (Fraktionierung) unabhängig ist (Tabelle 10). 12. Eine Übersicht über die Befunde an Pollenzellen und DrosophilaSpermien zeigt, daß allgemeine Übereinstimmung der Beobachtungen mit den Grundforderungen der Bruchhypothese besteht. Die Ergebnisse über eine rein quadratische Dosisproportionalität bis zu Bruchhäufigkeiten ∼ 1 je Kern an Pollenzellen lassen sich nur unter der Annahme einer größeren Anzahl von Rekombinationsbereichen im Kern, also stärker eingeschränkter Beweglichkeit der Bruchstellen bzw. Bruchenden verstehen. Spermienkerne scheinen gegenüber Kernen aus Teilungsgewebe dadurch gekennzeichnet zu sein, daß bei ihnen die ausgelösten Brüche, ohne sekundäre Veränderungen durchzumachen, bis zur Befruchtung gestapelt werden.
Type of Medium:
Electronic Resource
URL:
http://dx.doi.org/10.1007/BF00325968
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